Der Handball-Drittligist SV Beckdorf steckt in einer sportlichen Krise. Auf dem Papier gehören die meisten der einzelnen Spieler zum Besten, was die Staffel zu bieten hat. Lars Dammann besitzt die A-Lizenz als Trainer – in der Theorie das zweithöchste, was Trainer erreichen können. Doch woran krankt das Beckdorfer Spiel? Wo bleibt nach Platz fünf in der Vorsaison in der laufenden Spielzeit der Erfolg? Aktuell Platz zwölf mit zwei Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz ist nicht das, was sich der SV Beckdorf vorgestellt hat.
Mit Benjamin Murray hat ein durchschnittlicher Handballer den Verein verlassen. Mit Lasse Kohnagel, Arne Schneider und Marcin Waryas kamen drei Verstärkungen. Kohnagel spielt zwischen Genie und Wahnsinn. Zuletzt gegen Schwerin bei einem Tor aus sechs Versuchen mehr Wahnsinn. Allerdings macht Kohnagel viele seiner schwachen Angriffsaktionen mit gutem Abwehrverhalten wett. Schneider benötigte nach seiner Verpflichtung im Oktober drei Monate, um in der Mannschaft eine Konstante zu werden. Mittlerweile wächst er ins Team hinein und verbessert sich wöchentlich. Waryas absolvierte gegen Schwerin das zweite Spiel. Sein Können blitzte auf. Dem Zusammenspiel mit den Kollegen fehlt freilich noch der Automatismus. Vito Clemens und Maris Versakovs laufen ihrer Bestform hinterher. Dumm nur, dass vieles im Angriffsspiel auf Versakovs zugeschnitten ist. Mit Waryas im Kader könnte Lars Dammann das System ändern. Aber neue Spielkonzepte einzustudieren dauert. Der Trainer vermisst bei einigen Akteuren die Einstellung. Bestes Beispiel sei Stefan Völkers, der nach einem halben Jahr ohne Training gegen Schwerin sofort brannte, in die schmerzhaften Zweikämpfe ging und Torgefahr ausstrahlte. „Da müssen sich andere hinterfragen“, sagt Dammann.
Fredenbeck hat vorgemacht, wie der SV Mecklenburg-Schwerin zu bezwingen ist. Beckdorf schaffte es nicht. „Wir haben uns Schwerin genau angesehen“, sagt Dammann, die Taktik aber nicht umgesetzt. Bei der Auslösehandlung im Schweriner Positionsangriff agierte Beckdorf defensiv bereits lethargisch, auf die erste druckvolle Aktion fehlte danach fast jeglicher Kontakt – alles Folgefehler, die dazu führten, dass im Schweriner Angriffsspiel Überzahlsituationen entstanden und die Außenspieler fast 20 Tore erzielten.
Die Absprachen zwischen Abwehr und Torhüter fehlen. Um welche Ecke sich der Block und um welche sich der Torwart kümmert, ist unklar. Die Beckdorfer Spieler agieren insgesamt mit zu wenig Härte. Bereits im Training geht es zu nett zu. Der Zugriff auf die gegnerischen Rückraumspieler fehlt. Lars Dammann macht die Abwehr in der Theorie wieder verstärkt zum Trainingsinhalt. Unkonstant agieren die Torhüter Stefan Stielert und Florian Knust. Gegen Kiel hielt Stielert 23 Bälle. Gegen Schwerin kamen beide auf gerade mal zehn Paraden.
Der SV Beckdorf vergibt Chancen im Dutzend. Das Tempospiel krankt. Tempogegenstöße beginnen in der Regel bei den Torhütern. Die schalten zu langsam in den Angriffsmodus. Die schnellen Außenspieler Henning Scholz, Tobias Hesslein und Christian Jansen denken zu viel beim Torabschluss. „Du darfst nicht denken, musst einfach machen“, sagt Lars Dammann. In der zweiten Welle ist das Tempospiel nicht gerade die Stärke eines Lasse Kohnagel, Versakovs trifft aufgrund seiner Verfassung häufig die falschen Entscheidungen und Vito Clemens benötigt die Vorarbeit seiner Nebenleute, um gefährlich zu agieren.
Wenn die Verantwortlichen des SV Beckdorf auf die dem Mannschaftssport eigenen Mechanismen setzen, könnte es für Trainer Lars Dammann ziemlich ungemütlich werden. Ein klares Bekenntnis zu Dammann gibt es heute noch nicht. Vereinschef Matthias Janitschke war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dammann sagt, er würde gerne in der kommenden Saison Trainer des SV Beckdorf bleiben. Womöglich hat der aktuelle Coach seinen Nachfolger längst nach Beckdorf gelotst. Marcin Waryas, zuletzt Spielertrainer beim Oberligisten HSG Bützfleth/Drochtersen, war als Spieler Wunschkandidat von Dammann. Auf dem Feld soll der Neuzugang Sprachrohr werden und verlängerter Arm des Trainers.
Quelle: Tageblatt Online
Sie müssen eingeloggt sein, um einen Kommentar abzugeben Login