Der 25 Jahre alte Benjamin Murray bestreitet am Sonnabendabend für den Handball-Oberligisten SV Beckdorf nach gut eineinhalbjähriger Handball-Abstinenz sein erstes Heimspiel gegen Delmenhorst. Achtzehneinhalb Stunden später läuft er für den Buxtehuder SV auf, auch Oberliga, aber als Fußballer. Daniel Berlin
Der SV Beckdorf hat mit der Wiederverpflichtung von Benjamin Murray auf die aktuelle Verletztenmisere reagiert. Der Mannschaft gehen die Rückraumspieler aus, nachdem sich Vito Clemens die Hand gebrochen hat. Die Vereinbarung zwischen Murray und dem SV Beckdorf gilt zunächst bis zum Winter.
Murray sagt, er habe nicht lange überlegt, als Beckdorfs Trainer Daniel Untermann vor gut einer Woche zaghaft anfragte. „Ich will den alten Freunden helfen“, sagt der Rechtshänder, der in der Jugend in Beckdorf spielte, dann zu den Buxtehuder Handballern wechselte und schließlich als ausgereifter Spieler zurück zum SV Beckdorf in die Dritte Liga kehrte. Im vergangenen Jahr hatte er sich Auf dem Delm verabschiedet, um lieber seinem anderen Hobby, dem Fußball, nachzugehen. „Fußball hat weiter Priorität“, sagt Murray. Dieses Zugeständnis musste er BSV-Trainer Sven Timmermann und Team-Manager René Klawon geben. Beiden spricht Murray im Nachhinein ein Kompliment aus, dass sie ihn machen lassen.
Beckdorfs Trainer Daniel Untermann nimmt Murray ungesehen in seinem Kader auf. „Er hat ja nicht umsonst Dritte Liga gespielt. Ben kommt nicht aus dem Sandkasten“, sagt Untermann. Der Wechsel des ehemaligen britischen Nationalspielers hat in Beckdorf einen Hype ausgelöst. Die Nachricht erreichte auf Facebook 16 000 Menschen. Untermann kennt Murrays Stärken nur vom Hörensagen, ist aber nicht abgeneigt den neuen, alten Beckdorfer sofort in das Spiel einzubinden.
Bei den Fußballern des BSV spielt Murray im defensiven Mittelfeld. In Beckdorf im linken Rückraum. Am heutigen Freitag wird der 25-Jährige das erste Mal mit den Handballern trainieren. Die Spielsysteme, sagt er, habe er noch drauf. Die Abwehrarbeit könnte schon problematischer werden, weil er Untermanns System nicht kennt. Eineinhalb Jahre lang hatte Murray nie ernsthaft einen Handball in der Hand. Bei der dritten Beckdorfer Mannschaft half er mal aus. „Das erste Training wird vielleicht ein wenig ungewohnt“, sagt Murray. Vielleicht ließe Untermann zum Aufwärmen Fußball spielen. Murray lacht, als er das sagt. Dann stünde er gleich richtig unter Druck. Murray lacht wieder.
René Klawon ist neben seiner Funktion beim BSV auch Murrays Onkel. „Mich wundert nicht, dass er beide Sportarten auf diesem Niveau spielen kann“, sagt Klawon. Als Ben gerade laufen konnte, soll er bereits einen Ball in der Hand und einen am Fuß gehabt haben.
Bei den Fußballern kommt Murray gerade richtig in Schwung. Zuletzt gegen Finkenwerder wechselte Sven Timmermann Murray noch vor der Pause ein und wurde von dessen Leistung nicht enttäuscht. Die Formkurve zeigt nach oben, weil sich der Rechtsfuß gerade von einem nervigen Rückenleiden erholt hat. Klawon hält große Stücke auf seinen Neffen. „Er geht dahin, wo es weh tut, lässt es krachen und ist mit Herz dabei“, sagt er. Klawon ist zwar seit dieser Saison nicht mehr Cheftrainer beim BSV, meint aber, dass Sven Timmermann auf der Sechserposition um Murray nicht herum kommen werde, wenn es am Sonntag gegen Favorit Dassendorf zu kämpfen gilt. Und Beckdorfs Coach Untermann geht gegen Delmenhorst deutlich ruhiger ins Spiel ob des Wissens, einen Trumpf in der Hinterhand zu haben.
Quelle: TAGEBLATT online
Foto: Werner Hillemann
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