Oberliga-Handballer offenbaren bei Qualifikation für die Endrunde um den Landespokal große spielerische Defizite.
Beckdorf. Was war das denn für eine Handballspiel? Beim 30:24 (9:14) des SV Beckdorf gegen die HSG Bützfleth/Drochtersen rieben sich die Handballfans in der Sporthalle Auf dem Delm verdutzt die Augen. Nicht der favorisierte Oberligist, sondern die Gäste aus der Verbandsliga lagen über weite Strecken in Führung, als es um den Einzug in die Endrunde um den gemeinsamen Landespokal des Handball-Verbandes Niedersachsen (HVN) und des Bremer Handball-Verbandes (BHV) ging. Der SV Beckdorf fand bis wenige Minuten vor Schluss überhaupt nicht zu seinem Spiel, die Gäste machten aus ihren eingeschränkten Möglichkeiten das Beste.
So schwach hatten die Beckdorfer Handballfans ihre Mannschaft, die unangefochten die Tabelle der Oberliga Nordsee anführt, in dieser Saison noch nicht gesehen. Möglich, dass die Mannschaft ein Motivationsproblem hatte, wie Trainer Daniel Untermann vermutete. „Da kommt ein Gegner aus einer unteren Liga auf dich zu, der zudem nur noch sieben Spieler aufbieten kann, also keine Wechselmöglichkeiten hat. Da bist du dir des Sieges schon vor dem Spiel sicher“, wagte der Trainer einen Blick in die Köpfe seiner Spieler, die in eigener Halle fast ständig zurücklagen.
Zu einem Desaster für Beckdorf schien die Partie nach dem Zwischenstand von 8:8 zu werden. Da patzten nacheinander Henning Scholz, Kristof Krohn, Christian Jansen und Tobias Hesslein vor dem gegnerischen Tor und die Gäste kamen zu fünf Treffern in Folge. „Hier regiert die HSG“, skandierte die kleine Anhängerschar der Kehdinger und provozierte damit den Beckdorfer Fanblock, der üblicherweise mit dem Schlachtruf „Hier regiert der S-V-B“ seine Mannschaft anfeuert.
Zur Pause lag eine Pokalsensation in der Luft. Untermann reagierte, brachte Dennis Zjezdzalka anstelle des glücklosen Torhüters Stefan Stielert und auf Rechtsaußen den Letten Arvis Juzups für Christian Jansen. Langsam kämpfte sich die Heimmannschaft in den zweiten 25 Minuten heran. Juzups traf zum 18:18 und legte zwei Treffer nach. Der Lette im Beckdorfer Team wurde nach dem Schlusspfiff als Matchwinner gefeiert. Er hatte mit seinen sechs Treffern nach seiner Einwechslung maßgeblichen Anteil am Erreichen der Pokalendrunde.
Außer dem Spielerwechsel veranlasste Daniel Untermann in der zweiten Halbzeit eine offensive Deckung gegen die HSG Bützfleth/Drochtersen, bei der sich beim Spielstand von 12:15 aus Beckdorfer Sicht zu allem Überfluss noch Kreisläufer Bennet Kahrs eine Verletzung zuzog und ausscheiden musste. Von da an agierte Bützfleth fast eine Halbzeit lang in Unterzahl. Nach der Verletzung und zwei Zeitstrafen standen für kurze Zeit nur drei Feldspieler auf der Platte. Bei alledem wiegten sich die Beckdorfer trotz des ständigen Rückstands und einer unbeschreiblichen Fehlerquote im Abschluss in einer trügerischen Sicherheit. Es wurden Tempogegenstöße reihenweise vergeben oder der Ball landete an Pfosten und Latte oder verfehlte weit das Tor. Erst nach dem 25:24 machte der SV Beckdorf in den Schlussminuten durch fünf Treffer in Folge alles klar.
Die Spieler auf beiden Seiten schienen ihre Freude an diesem Pokalfight zu haben, es wurde viel gelacht und geflachst auf dem Spielfeld, aber auch verbissen gekämpft. In der Halle herrschte eine seltsame Stimmung. Der Beckdorfer Fanblock verstummte lange Zeit, eine kleine Gruppe von Fans der Gäste jubelte über jede gelungene Aktion ihres Teams. Für sie war Bützfleth der moralische Sieger. Der Verbandsligist hatte den Oberligisten am Rande einer Niederlage und wären nicht die widrigen Umstände gewesen, hätten die Kehdinger, die sich in ihrem Halbfinale mit 36:27 gegen einen völlig lustlosen Landesligisten TuS Sulingen durchgesetzt hatten, die Halle wohl als Sieger verlassen.
So aber darf sich der SV Beckdorf, der im Halbfinale der im Final Four-Modus ausgetragenen Vorschlussrunde die TSG Hatten-Sandkrug mit 34:19 bezwungen hatte, auf die Endrunde freuen, die am ersten April-Wochenende im gleichen Modus ausgetragen wird. „Hauptsache eine Runde weiter“, lautete das Fazit von Untermann, dessen Mannschaft sich gehörig steigern muss, wenn die Erfolgsserie in der Liga anhalten soll. Gegen Bützfleth ist bei Stefan Völkers eine Adduktorenverletzung erneut aufgebrochen, die lettischen Nationalspieler Maris Versakovs und Arturs Kugis werden erneut wegen der WM-Qualifikation ihres Landes fehlen.
Ein Schmankerl hält der SV Beckdorf für seine Fans am kommenden Wochenende bereit. Um 16.30 Uhr bestreiten die Bundesligadamen der SGH BW Rosengarten-Buchholz das „Vorspiel“ zum nächsten Ligaspiel des SV Beckdorf um 19.30 Uhr gegen den Tabellensechsten TV Neerstedt. Auf Vermittlung von Daniel Untermann testen die Luchse in Beckdorf gegen den Drittliga-Tabellenführer MTV 1860 Altlandsberg, der in Henstedt-Ulzburg ein Trainingslager aufschlägt.
Quelle: Hamburger Abendblatt
Foto: Peter Jansen / Jansen Media
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